Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 06.04.2018 12:00

Musik zum Schweben: Das Eumwa-Meisterkonzert

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Eumwa-Schöpfer Markus Kreul und seine Meister-Dozenten fügen dem Jahr für Jahr durchdachte musikalische Variablen hinzu (und zuweilen Konstanten): durch die Auswahl des Programms und seiner Interpreten. Beispielhaft steht dafür der Bogen, den der Flötist Raphael Gärtig in den vergangenen Jahren geschlagen hat: Der geniale Görlitzer eröffnete die Abende jeweils mit einem der Flötenquartette von Wolfgang Amadeus Mozart - heuer schloss er den Kreis mit dem Quartett in A-Dur, KV 298. Besser: Gärtig hob den Zyklus auf eine neue Ebene, er brachte das federnde Mozart-Werk zum Fliegen, gab ihm eine Richtung - hinaus in die Welt, gleichsam zu den Bergen am Horizont. Denn so spielerisch (nicht verspielt) Gärtigs Mozart wirkt, so zielgerichtet ist seine Interpretation. Nicht zuletzt dank seiner Co-Interpreten Sebastian Caspar (Violine), Sandra Rieger (Viola) und Guido Schiefen (Cello). Möglicherweise hatte Gärtig Derartiges schon vor vier Jahren im Sinn, doch erst heute, in der Gesamtschau, erschließt sich die Dynamik von Gärtigs Vorgehen. Ähnliches ist bei den Schumann-Interpreten Kreul und Schiefen zu beobachten.

Wahre Begeisterungsstürme entfachten im Anschluss Sebastian Caspar und der erst 16-jährige Klarinettist Ionas Mercadal sowie ihr Mentor Kreul beim „Csárdás” von Vittorio Monti (1868 - 1922), ein temperamentvolles Bubenstück aus dem Jahre 1904, das die Puszta-Phantasien des Jahrhundertwende-Publikums trefflich bedient. Der Berliner schlüpfte problemlos in die Rolle des „Teufelsgeigers”, mit einem Schuss Selbstironie, wie es aus der Ferne schien. Der Barcelonese Mercadal (der das dritte Mal am Eumwa teilnimmt) stand Caspar indes in nichts nach - ganz in Schwarz gekleidet gab er einen gewitzten „Klarinetten-Mephisto”. Die beiden feuerten sich gegenseitig an, dem Publikum verschlug es schier den Atem.

Nach einer sehr langen Pause brachten die vier Cellisten Jonathan Faulhaber, Berta Planell Molist, Paola Padovan und Hieb Sidoruk das ermattete Auditorium mit dem Opus 22, 2 von Julius Klengel (1859 - 1933) langsam wieder in Fahrt. Gerade rechtzeitig zum nächsten Höhepunkt des Abends: das „Phantasy-Quintet” für Bassklarinette und Streichquartett des Engländers Edwin York Bowen (1884 - 1961). Vor Jahresfrist gab „Eumwa-Urgestein” (so Kreul) Maximilian Breinich den grandiosen Klarinettenpart bei einem der Eumwa-Kammerkonzerte im Hecht-Gewölbe der Altomünsterer Sparkasse. Damals ließ er „sein lyrisches Instrument atemberaubende Volten schlagen”, wie es in der AICHACHER ZEITUNG hieß. Diesmal hatte Breinich für seine Kunststücke mehr Raum und Luft - im wörtlichen wie übertragenen Sinne.

In dem großen Schloss-Saal kann Breinichs tiefsinniger Ton ausschwingen, ohne gleich an Wände, sprich Grenzen, zu stoßen. Und weil er mit Frühwirth einen Meister an seiner Seite hatte sowie mit dem Cellisten Faulhaber, Tassilo Probst (Violine) und Anna-Lea Rebholz (Viola) inspirierte Partner wurde aus dem Stück eine kunstvolle Konstruktion aus Emotion, Klang und Odem.

Eigentlich das perfekte Ende für einen langen, einzigartigen Musikabend. Daher Chapeau, dass es acht Gesangskünstler im Anschluss (ab 22 Uhr) schafften, das Publikum nochmals in ihren Bann zu schlagen. Mit dabei: Eumwa-Liebling Susanne Müller (Sopran) sowie die Koreaner Hyunju Kim (Sopran) und Jinuk Kim (Bass), die schon beim diesjährigen Eröffnungskonzert auf sich aufmerksam gemacht hatten. Ebenso bemerkenswert der junge Tenor Edward Leach und die beiden Altistinnen Melanie Gleissner (übrigens auch eine ausgezeichnete Flötistin) und Eva-Maria Hartmann.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer schwebten danach beschwingt nach Hause.


Von Robert Edler
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