Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 14.02.2017 12:00

War Thoma nie Demokrat?

Nachdenklicher Thoma-Abend  (von links): Georg Huber, Wilhelm Liebhart, Ludwig Gasteiger, Karin Alzinger und Hermann Wackerl.		  Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Nachdenklicher Thoma-Abend (von links): Georg Huber, Wilhelm Liebhart, Ludwig Gasteiger, Karin Alzinger und Hermann Wackerl. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Nachdenklicher Thoma-Abend (von links): Georg Huber, Wilhelm Liebhart, Ludwig Gasteiger, Karin Alzinger und Hermann Wackerl. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Nachdenklicher Thoma-Abend (von links): Georg Huber, Wilhelm Liebhart, Ludwig Gasteiger, Karin Alzinger und Hermann Wackerl. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Nachdenklicher Thoma-Abend (von links): Georg Huber, Wilhelm Liebhart, Ludwig Gasteiger, Karin Alzinger und Hermann Wackerl. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)

An seiner Seite: Karin Alzinger und Hermann Wackerl, die aus Thomas Texten vorlasen, sowie Ludwig Gasteiger, der auf der Zither ziemlich melancholische Weisen vortrug. Der Star des Abends war freilich Georg Huber: Der Altomünsterer Landwirt verlieh Thomas Paradefigur Jozef Filser ein sympathisches Gesicht, ein sympathischeres vielleicht, als ihn der Dichter ehedem gezeichnet hatte.

Liebharts Kernthese lautet: Thoma wurde nicht erst durch seine Erlebnisse während des Ersten Weltkriegs zu einem Nationalisten und Judenfeind. Der Historiker skizzierte den Schriftsteller als eine Figur mit viel Schatten: Ein „wurzelloser Mensch” sei der Förstersohn nach dem Tode des Vaters geworden, so der Historiker, ohne enge Freunde - mit Ausnahme des Dachauer Bildhauers Ignaz Taschner. Seine Beziehungen zu Frauen waren schwierig: Seine Gattin Marietta di Rigardo, eine philippinische Tänzerin, kaufte Thoma deren erstem Ehemann für 20 000 Taler ab. Seine zweite große Liebe, Maidi Liebermann, war ebenfalls verheiratet und entstammte der jüdischen Sekt-Dynastie Feist-Belmont - was zu einigen Konflikten führte.

Thomas scharfe Kritik an beiden Kirchen, am wilhelminischen Reich und an der bayerischen Ständegesellschaft sei nicht die eines Liberalen gewesen, so Liebhart. „Ein Linker war er nie!” Thoma war und blieb vielmehr ein Monarchist, ein schwärmerischer, der einen Narren an Ludwig II. gefressen hatte, wie viele seiner Landsleute. „Sein reiches gewelltes Haar und ein paar merkwürdige, schöne Augen fielen so auf, dass sie dem kleinen Buben (...) in Erinnerung blieben”, zitierte Wackerl aus Thomas Autobiographie.

Alzinger las die berühmte „Kindlein”-Episode aus den „Lausbubengeschichten” vor, zur Freude des kundigen Publikums, darunter Altbürgermeister Konrad Wagner. Des Buben Hass auf seinen bigotten Religionslehrer wirkte dank Liebharts Schlaglichter allerdings nicht nur amüsant, sondern auch bezeichnend.

Um Thomas' Verhältnis zum Dachauer Land zu illustrieren, rezitierte Wackerl den frühen Text „Agricola” (lateinisch: Bauer), eine distanziert-ethnographische ironische Beschreibung der hiesigen Landbevölkerung: Sehr witzig, aber nicht gerade schmeichelhaft. Womöglich, weil Thoma den Text für die „Augsburger Abendzeitung” verfasst hatte - die Schwaben hatten wohl damals (und eventuell noch heute) keine allzu hohe Meinung von ihren bayerischen Nachbarn.


Von Nayra Weber
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