Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 24.02.2015 12:00

Polizistenmörder redet Bruder gut zu: „Halte durch, bleib stark!”

Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Polizistenmörder  Rudi Rebarczyk war gestern wieder als Zeuge am Landgericht Augsburg geladen. Im Hintergrund seine Verteidiger Kai Wagler und Markus Meißner (von rechts), die Rebarczyks Bruder Raimund M. in ihren Plädoyers im Februar 2014 als Täter bezeichnet hatten. 	Archivfoto: Annette Zoepf (Archivfoto: Annette Zoepf)
Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Polizistenmörder Rudi Rebarczyk war gestern wieder als Zeuge am Landgericht Augsburg geladen. Im Hintergrund seine Verteidiger Kai Wagler und Markus Meißner (von rechts), die Rebarczyks Bruder Raimund M. in ihren Plädoyers im Februar 2014 als Täter bezeichnet hatten. Archivfoto: Annette Zoepf (Archivfoto: Annette Zoepf)
Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Polizistenmörder Rudi Rebarczyk war gestern wieder als Zeuge am Landgericht Augsburg geladen. Im Hintergrund seine Verteidiger Kai Wagler und Markus Meißner (von rechts), die Rebarczyks Bruder Raimund M. in ihren Plädoyers im Februar 2014 als Täter bezeichnet hatten. Archivfoto: Annette Zoepf (Archivfoto: Annette Zoepf)
Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Polizistenmörder Rudi Rebarczyk war gestern wieder als Zeuge am Landgericht Augsburg geladen. Im Hintergrund seine Verteidiger Kai Wagler und Markus Meißner (von rechts), die Rebarczyks Bruder Raimund M. in ihren Plädoyers im Februar 2014 als Täter bezeichnet hatten. Archivfoto: Annette Zoepf (Archivfoto: Annette Zoepf)
Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Polizistenmörder Rudi Rebarczyk war gestern wieder als Zeuge am Landgericht Augsburg geladen. Im Hintergrund seine Verteidiger Kai Wagler und Markus Meißner (von rechts), die Rebarczyks Bruder Raimund M. in ihren Plädoyers im Februar 2014 als Täter bezeichnet hatten. Archivfoto: Annette Zoepf (Archivfoto: Annette Zoepf)

Unter hohen, noch höheren Sicherheitsvorkehrungen als sonst, wird Rebarczyk in den Großen Schwurgerichtssaal geführt. Drei Spezialkräfte bringen den Schwerverbrecher mit Hand- und Fußfesseln in den Raum, wo drei Berufsrichter, zwei Schöffen, etliche Anwälte, an die 50 Zuschauer, Pressevertreter und sein Bruder auf ihn warten. Es dauert einige Minuten, bis Rebarczyk von seiner Zelle im Keller nach oben gebracht wird. Minuten der absoluten Ruhe. Alle Blicke sind auf die Tür gerichtet, durch die auch M. immer den Saal betritt oder andere Häftlinge, die als Zeugen aussagen. Dann öffnet sie sich und die Brüder blicken sich in die Augen. Rebarczyk sagt: „Pass auf dich auf, halte durch.” Dann nimmt er auf der Zeugenbank Platz, neben ihm Rechtsanwalt Florian Eder als Beistand. Dieser stellt als Erstes den Antrag, Rebarczyk doch von seinen Fesseln an Händen und Füßen zu befreien. Der Vorsitzende Richter Christoph Wiesner willigt ein, wie auch bei Rebarczyks letzter Aussage im November, die Handschellen abmachen zu lassen, die Füße sollen aber gefesselt bleiben.

Als Richter Wiesner endlich mit der Befragung beginnen kann, präsentiert sich Rebarczyk wie ihn die meisten aus dem eigenen Prozess kennen - respektlos, vorlaut und zynisch. Er nutzt die Gelegenheit, vielleicht seine letzte, sein Bild von Deutschland kundzutun: „Im Gröbsten habe ich früher noch an einen Rechtsstaat geglaubt, aber dieses System ist verrucht, skrupellos, ohne jegliche Hemmung.” An den Richter direkt gewandt sagt Rebarczyk: „Und Sie, Sie sprechen kein Recht, Sie sprechen Willkür. Wenn man mich verurteilen will, muss man Grimms Märchen schreiben, es gibt nämlich keinen einzigen Beleg.”

Das sieht das Gericht anders. Im Februar 2014 verurteilte ihn dieselbe Strafkammer, vor der sich jetzt Raimund M. verantworten muss, zu lebenslanger Haft. Inzwischen wurde diese Entscheidung bestätigt und die Revision am Bundesgerichtshof abgelehnt. Da damit Rebarczyks Verfahren abgeschlossen ist, wurde er erneut als Zeuge geladen. Im November konnte er als selbst Betroffener noch von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, um sich nicht selbst zu belasten. Gestern bestand diese Möglichkeit als Bruder des Angeklagten ebenfalls, doch Rebarczyk war bereit, zu reden. Dass seine Ausführungen besondere neue Erkenntnisse bringen werden, erwarteten die Prozessbeteiligten ohnehin nicht. Rebarczyk betont, sein Bruder Raimund sei krank und gar nicht in der Lage, ein Motorrad zu fahren, wie es der Täter beziehungsweise die beiden Täter getan haben auf ihrer Flcuht durch den Augsburger Siebentischwald in jener Oktobernacht 2011, bei der Mathias Vieth kaltblütig erschossen wurde.

Wie er sich erklärt, dass seine Verteidiger Markus Meißner und Kai Wagler in ihren Plädoyers Raimund M. explizit als Täter nannten, will Nebenklagevertreter Walter Rubach wissen. „Die haben gesagt, ihr Bruder sei es gewesen. Können Sie sich das erklären”, fragt Rubach. Nein, das könne er nicht, antwortet Rebarczyk. Er habe keinen Einfluss auf das gehabt, was seine Anwälte sagen. Die Behauptung, sein Bruder habe Vieth erschossen, sei gegen seinen Willen aufgestellt worden.

Nur etwa zehn Minuten dauert der Auftritt von Rudi Rebarczyk. Dann wird er abgeführt, geht in knapp einen Meter Abstand an seinem zwei Jahre älteren Bruder vorbei und blickt ihm mit großer Wahrscheinlichkeit ein letztes Mal in die Augen. Raimund M. hebt seine nicht zitternde linke Hand leicht und winkt. Rebarczyk, wieder an Händen und Füßen gefesselt, umringt von den komplett in schwarz gekleideten SEK-Männern ruft M. zu: „Halte durch, es ist noch nicht vorbei. Bleib stark.” Raimund M. nickt leicht, senkt seinen Blick in Richtung Boden. Er wirkt alles andere als stark. Seit der abgelehnten Revision seines Bruders sieht der Friedberger für sich nur noch wenig Chancen, auf freien Fuß zu kommen.


Von Tanja Marsal
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