Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 26.11.2014 12:00

Camper geht mit Hackebeil auf Polizisten los

Der Angeklagte, ein Frührentner, berichtete, er und seine Frau hätten sich an dem Sommerabend mit Freunden am See verabredet gehabt. Diese seien nicht gekommen. Da habe man getrunken, und zwar so viel, dass man nicht mehr nach Hause fahren wollte. Das Auto, ein Opel Astra, wurde kurzerhand zum Campingwagen umfunktioniert. Dass man auf einem normalen Parkplatz nicht übernachten darf, wollte ihm auch jetzt nicht so recht einleuchten. „Das ist eine Ordnungswidrigkeit”, erklärte ihm Richterin Beate Schauer.

Damals jedenfalls räumte er Kisten mit Hausrat vor den Pkw und hängte die Scheiben mit Tüchern sowie Decken ab. Er machte es sich auf der Rückbank gemütlich, seine Frau vorne.

„Gegen zwei Uhr wurde ich wach. Jemand hat laut gerufen, auf den Wagen geklopft und daran gerüttelt.” Zwar habe er die Rufe „Polizei, kommen Sie heraus!”, schon verstanden. „Aber ich habe gedacht, das sind wieder randalierende Jugendliche.” Deshalb führte das Paar ein, wie die Frau es nannte „Hackebeil” mit sich sowie ein 18 Zentimeter langes Messer und zögerte, der Anordnung Folge zu leisten.

Der 45-jährige Polizist schilderte vor Gericht, er habe die Grüne Minna so geparkt, dass deren Lichter und der zusätzliche Suchscheinwerfer auf dem Dach die Szenerie ausleuchteten. Für ihn steht fest: „Es war klar zu erkennen, dass wir von der Polizei sind.” Er und sein Kollege trugen außerdem Uniformen. Nach mehrfachem Rufen, Klopfen und Rütteln öffnete sich die Fahrertür, die Frau des Angeklagten stieg aus. Er selbst kletterte aus der Tür hinten links - und schwang ein Beil über seinem Kopf. Der andere Ordnungshüter erinnerte sich: „Wenn der Angeklagte noch einen halben Meter näher auf meinen Kollegen zugegangen wäre, hätte ich geschossen.”

Es dauerte Minuten, ehe der Wildcamper seine Axt endlich ablegte.

Für Richterin Beate Schauer drängte sich am Ende der Verhandlung die Überzeugung auf, dass der Angeklagte im grellen Scheinwerferlicht eventuell tatsächlich lange brauchte, um zu erkennen, dass er der echten Polizei gegenüber stand. Sie regte die Einstellung des Verfahrens an mit der Auflage, 300 Euro an den Weißen Ring zu zahlen, das entspricht einem halben Nettobezug des Angeklagten. Staatsanwalt Peter Grünes war einverstanden. So gab es kein Urteil, über die Schuldfrage wurde gerichtlich nicht abschließend entschieden. Der 57-Jährige wurde nicht freigesprochen, kann sich aber auf seine Unschuld berufen. Dennoch forderte ihn der Staatsanwalt auf, den beiden Polizisten zu danken. „Sie waren aufgrund des Missverständnisses in großer Gefahr. Man könnte den Polizeibeamten keinen Vorwurf machen, wenn sie in dieser Situation von ihren Dienstwaffen Gebrauch gemacht hätten.”


Von Monika Grunert Glas
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