Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 19.11.2014 12:00

Aichacher Rechtsanwalt wegen Veruntreuung von Mandantengeldern verurteilt

Oberstaatsanwalt Dr. Günther Zechmann benötigte einige Zeit, um die lange Anklageschrift zu verlesen. 22 Fälle von Untreue warf er dem Rechtsanwalt (Verteidigerin: Alexandra Gutmeyr) vor. Er hatte Mandantengelder für sich behalten. Alles kam auf, als eine Familie, deren Sohn bei einem Unfall schwer verletzt worden war, sehr lange auf das erstrittene Schmerzensgeld wartete. Gut 18 000 Euro standen aus. Der Rechtsanwalt vertröstete sie jahrelang. Irgendwann fragten die Leute selbst bei der Versicherung nach und erfuhren, das Geld sei längst überwiesen. Es ist üblich, dass Rechtsanwälte derartige Zahlungen auf ein Fremdgeldkonto erhalten und von dort aus binnen 14 Tagen an die Klienten weitergeben.

Die Familie wandte sich an die Staatsanwaltschaft. „In einem Nebensatz erwähnte der Mann, dass es wohl noch einen weiteren Fall geben könnte”, berichtete Zechmann. Er ging der Sache nach und stieß auf eine noch größere Tragödie.

Im September 2003 war ein junger Mann bei einem Unfall so schwer verletzt worden, dass er halbseitig gelähmt blieb. Nach einem langen Rechtsstreit, den der Anwalt für den Behinderten führte, zahlte die Versicherung im Juni 2011 endlich 80 000 Euro aus. Das Geld wurde dringend für den Umbau des Hauses gebraucht. Doch der Angeklagte wurde erst tätig, nachdem schon gegen ihn ermittelt wurde. Im Januar 2014 überwies er das Geld.

Es kam eine Summe von über 200 000 Euro zusammen, nur aus den Fällen, die der Staatsanwalt schließlich anklagte. Außenstände unter 1000 Euro ließ er weg, zudem waren zahlreiche Fälle bereits verjährt.

Der Angeklagte selbst stellte sich seiner Schuld. „Ich schäme mich bodenlos”, bekannte der 61-Jährige. Er berichtete, wie eine Lawine ins Rollen gekommen sei, nachdem er im Jahr 2000 einen Schlaganfall erlitten hatte. Danach habe er nicht mehr mit voller Kraft arbeiten können und viele Mandate verloren.

Sabine Igloffstein als Vorsitzende des Schöffengerichts rechnete es dem Rechtsanwalt an, dass er den Schaden inzwischen zu etwa 90 Prozent gutgemacht habe. „Wenn Sie Glück haben, finden Sie eine Stelle in einer Kanzlei, wo Sie auch ohne Zulassung im Hintergrund arbeiten können. Ihre Einnahmen werden gering sein”, meinte sie. Eine Geldstrafe hielt sie deshalb nicht für zielführend. Das Urteil gegen den 61-Jährigen ist rechtskräftig.

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Von Monika Grunert Glas
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