Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.11.2018 12:00

Es gibt immer weniger Wirtshäuser

Für Zuwachs beim Umsatz in der bayerischen Gastronomie sorgten laut dwif-Betriebsvergleich zum größten Teil Event-Caterer, Imbiss-Stuben und Cafés - also eben nicht klassische Wirtshäuser. Im Zuge einer Umfrage der AICHACHER ZEITUNG unter den Gemeinden des Landkreises gingen insgesamt 13 Antworten ein.

Sieben Gemeinden konnten keine Angaben zur zahlenmäßigen Entwicklung von Wirtshäusern in ihrem Bereich machen. In Ried hat sich laut Bürgermeister Erwin Gerstlacher in den letzten Jahren nicht viel verändert. Fünf andere Gemeinden allerdings berichten von einem Rückgang der Gaststätten, darunter Schiltberg und Inchenhofen. „In der Gemeinde Schiltberg hat es bis vor circa 20 bis 25 Jahren insgesamt acht Gaststätten gegeben”, antwortet Bürgermeister Josef Schreier. Übrig geblieben sind drei, der Gasthof Rupp in Allenberg, Schwibinger in Rapperzell und Peters Ponyhof in Höfarten. Seit 2014 befindet sich im Bürgerhaus in Schiltberg der Gasthof Igelwirt.

Der Markt Inchenhofen verfügt derzeit über zwei Gastwirtschaften und eine Pizzeria, ursprünglich waren es einmal vier Wirtschaften. Die Gastwirtschaft „Zur Post” musste 2001 nach dem Tod des Inhabers geschlossen werden, „Zum Kratzer” wurde laut Gemeinde 2012 aus Altersgründen aufgegeben.

Auch bei den Beschäftigten wirken die Zahlen des dwif-Betriebsvergleichs besser, als sie es letztendlich waren. Über 400 000 Menschen sind mittlerweile im bayerischen Gastgewerbe beschäftigt. Hotellerie und Gastronomie zählen „rein quantitativ zu den wichtigsten Arbeitsbeschaffern”.

Allerdings: Die Zahl der Teilzeitkräfte, Aushilfen und Geringfügigentlohnten steigt stetig, und obwohl das Gastgewerbe zu den ausbildungsstärksten Branchen Deutschlands zählt, nimmt die Zahl der Vollzeitbeschäftigten und Auszubildenden kontinuierlich ab. „Obwohl die Gastronomie attraktive, kreative und ästhetische Berufe anbietet, in denen sich hauptsächlich mit Menschen beschäftigt wird, richtet sich die Entscheidung für einen Beruf immer häufiger nach dessen Freizeitqualitäten. Genau in diesem Umstand können diese Berufe aber nicht punkten, da bereits im Vorfeld für die Berufswahl, sei es in den Schulen oder den Arbeitsvermittlungen, als erstes auf die Nachteile der Arbeitszeiten hingewiesen wird. Welche Vorteile antizyklische Arbeitszeiten mit sich bringen, wird vollständig ignoriert”, gibt Fritz Kühner, Kreisvorsitzender für Aichach-Friedberg im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, (Dehoga) zu bedenken.

„Dass seitens der Politik jahrelang die jungen Menschen dazu motiviert wurden, höhere Bildung und Studium anzustreben, war für den Nachwuchs in Handwerk und Dienstleistung ebenfalls nicht zuträglich”, führt Kühner weiter aus.

Es ist ein Teufelskreis: Weniger Wirtshäuser bieten weniger Arbeitsplätze, auf der anderen Seite tun sich die verbleibenden Häuser aber auch immer schwerer, Nachfolger oder Personal zu finden. Das wiederum hat Schließungen zur Folge.

Nicht immer sind es aber nur die äußeren Umstände, die Schließungen mit sich ziehen, wie Kühner aus Erfahrung weiß: „Um ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich zu führen, muss die Balance zwischen Kosten und Umsatz stimmen. Dass diese Kenntnis bei manchen Unternehmern nicht besonders ausgeprägt ist, führt zwangsweise in Geschäftsaufgabe und Insolvenz. Begleitet wird das Dilemma auch von der Tatsache, dass es keiner besonderen Qualifikation bedarf, ein Gastronomieunternehmen zu gründen. Jahrzehntelange Forderungen des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes nach einem Sachkundenachweis sind beim Gesetzgeber immer abgeprallt.” Und dann ist da ja noch der Verbraucher: „Eine Geiz-ist-geil-Mentalität kann und darf im Wirtshaus nicht funktionieren, da gute Qualitäten aus Küche und Keller, aber auch in der Dienstleistung, ihren Preis haben”, verdeutlicht Fritz Kühner vom Hotel- und Gaststättenverband. Ein Teufelskreis: Weniger Gaststätten, weniger Arbeitsplätze, doch den Häusern geht jetzt schon das Personal aus


Von Nayra Weber
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