Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 09.11.2018 12:00

27-Jährige schlägt Frau Weizenglas über den Kopf

Angeklagt war eine 27-Jährige. Sie sprach den 34-jährigen Freund der Geschädigten auf den Vorfall beim Brauereifest an, bei dem ihrer Schwester angeblich das T-Shirt zerrissen worden war - von der 38-Jährigen. Was sich an dem Tag genau abgespielt hatte, ließ sich vor Gericht nicht mehr zweifelsfrei rekonstruieren. Für die Verhandlung war es aber auch nicht wichtig.

Auf die Frage, was an dem Abend am Marktfest vorgefallen sei, erklärte die Angeklagte: Sie habe mit dem Freund der Geschädigten nur noch einmal über den Brauerei-Zwist reden wollen. Daraufhin wurde sie von dessen Freundin aufs Übelste beschimpft. Woraufhin sie der Geschädigten androhte, ihr ihr Weizen über den Kopf zu gießen.

Genau das geschah dann auch. Laut Aussage der Angeklagten entfernte sie sich daraufhin, die 38-Jährige kam ihr nach, packte sie am Schopf und „irgendwie muss das Weizenglas dann wohl an ihren Kopf gekommen sein; ich wusste gar nicht mehr, dass ich ein Glas in der Hand hatte”, behauptete die 27-Jährige mit Unschuldsmine.

Walter Hell kommentierte die Schilderung der Frau mit den Worten: „Jetzt wird's aber abenteuerlich.” Vollkommen anders stellte die Geschädigte dann auch die Ereignisse dar.

Ja, gab sie zu, sie habe die Angeklagte beschimpft, weil sie immer wieder von dem zerrissenen T-Shirt angefangen habe. Dann habe es so ausgesehen, als wolle die 27-Jährige gehen, aber „plötzlich schüttete sie mir von hinten das Weizen drüber”. Bei dem darauffolgenden Gerangel habe die Angeklagte ihr das Glas „von oben” draufgehauen, so die Geschädigte. Ihr 34-jähriger Lebenspartner bestätigte diese Version der Ereignisse.

Arge Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Paares hatte hingegen der Anwalt der Angeklagten. Er rief die Freundin der Angeklagten in den Zeugenstand, die mit der 27-Jährigen das Fest im Juni besucht hatte. Die junge Frau erklärte, nach dem Vorfall habe sich der 34-jährige Freund der Geschädigten bei den Frauen mehr oder wenig entschuldigt. Seine Lebenspartnerin sei sehr eifersüchtig und fange immer wieder Streit an, wenn sie etwas getrunken habe. In der Tat stellten die Ärzte im Krankenhaus, in dem die Wunde behandelt wurde, fest, dass die Geschädigte bei ihrer Einlieferung 2,1 Promille im Blut hatte. Richter Walter Hell ließ sich von all dem nicht beeindrucken. Er konzentrierte sich einzig auf die sichtbaren Fakten, sprich die Tatsache, dass die Angeklagte ihrer Kontrahentin ein Glas auf den Kopf geschlagen habe, das sie zuvor „hinterfotzig” über sie geleert hatte. Dass die 27-Jährige vergessen habe, dass sie ein Weizenglas in der Hand hielt beziehungsweise die Behauptung, dass der Kopf des Opfers irgendwie an das Glas gekommen sei und nicht umgekehrt, quittierte Hell salopp mit den Worten: „Da stellt es mir die Nackenhaare auf, das ist doch Schafscheiß.”

Zugute hielt er der jungen Frau jedoch, dass sie zuvor noch nie straffällig geworden war und an diese Version der Ereignisse wohl nur deshalb glaube, „weil Sie sich in der Tat selbst nicht wieder erkennen”. In seinem Strafmaß folgte er der Staatsanwältin und verurteilte die Frau zu zehn Monaten Freiheitsstrafe und 1500 Euro Geldauflage. Drei Jahre darf sie sich nun nichts mehr zuschulden kommen lassen. „Die Strafe wird ihnen eine Lehre sein”, war Hell überzeugt. Kopf des Opfers „irgendwie an das Weizenglas gekommen”


Von Thomas Winter
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