Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 18.09.2018 12:00

„Bitte nicht einbrechen, hier ist eine Pfeffersprayanlage”

Zwar versuchte der Rentner, seine Frau zu verteidigen, indem er meinte, mit „Halt die Klappe” habe sie nicht die Polizei sondern ihn gemeint. Genützt hat es am Ende nicht - zumal die Frau im Gerichtssaal von „Bullen” sprach. Da fehlten Richterin Eva-Maria Kraus die Worte.

Der 77-Jährige selbst beharrte darauf, unschuldig zu sein - das habe er auch in mehreren Schreiben nachgewiesen, wie er fand. Geklingelt habe bei ihm keiner. Aber er habe die Polizei gewarnt, als er sie bemerkt habe: „Bitte nicht einbrechen, hier ist eine Pfeffersprayanlage”. Gerade als er sie abstellen wollte, hörte er über Funk den Befehl „zum Einbrechen” - und die Anlage ging los.

Am schlimmsten erwischte es den Mann vom Schlüsseldienst, der gerade ein letztes Mal gegen die Tür treten wollte, weil sie immer noch mit dem Sperrriegel verschlossen war und der sich nur gewaltsam öffnen ließ. Ebenfalls direkt in die Augen wurde ein 36-jähriger Polizist vom Spray getroffen, der sich seitlich versetzt neben dem Schlüsseldienst in Zugriffsposition befand. Er war zwei Tage lang krankgeschrieben, eine Kehlkopfreizung musste eine Woche lang behandelt werden.

Wie er vor Gericht schilderte, wollten er und seine Kollegen zwei Haftbefehle wegen nicht bezahlter Geldstrafen vollstrecken. Lange habe er versucht, dem Ehepaar alles zu erklären, auch dass sie die Haftbefehle abwenden könnten, indem sie bezahlen würden. „Aber sie waren nicht gerade kooperativ”, so der Zeuge. Der Mann meinte, die Haftbefehle würden nicht gelten, weil sie von DDR-Staatsrichtern ausgestellt seien. Die Polizisten wurden außerdem als Terroristen und Nazis beschimpft. Nach dem Angriff wurden weitere Streifen hinzugezogen und das Ehepaar wurde in die JVA gebracht.

Die Pfeffersprayanlage an der Tür des Angeklagten fand die Polizei. Allerdings erst Tage nach der Tat. Anhand von Fotos erklärte der 36-jährige Polizist, dass sie, so wie sie gebaut ist, nicht funktionieren könne. Die benutzte Spraydose müsse man von oben betätigen, nicht von der Seite wie bei der Anlage. Außerdem wäre er aufgrund der Montagehöhe an der Brust und nicht im Gesicht getroffen worden. „Ich hab das Pfefferspray mit einer Hand daran gesehen; der Strahl hat sich bewegt”, so der Zeuge.

Zum Angeklagten gewandt meinte Staatsanwältin Andrea Hobert: „Sie haben keinerlei Einsicht, keinen Respekt vor dem Staat und der Polizei.” Sie forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ohne Bewährung.

Richterin Kraus gab dem Angeklagten eine „letzte Chance.” Bei den Vorstrafen handelte es sich um Vermögensdelikte. Zusätzlich zur zwölfmonatigen Bewährungsstrafe muss er 1000 Euro an einen Bewährungshilfeverein bezahlen. Zum Schluss stellte die Richterin klar: „Es gibt rechtsstaatliche Mittel sich zu wehren, aber so geht es bei uns nicht!”


Von Nayra Weber
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