Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 22.11.2017 12:00

Müll zum Mitnehmen

In immer mehr Cafés und Restaurants  ist es möglich, dass Kunden für ihren Coffee-to-go eigene Mehrwegbecher befüllen lassen können. Eine Inhaberin, die umweltfreundlichen Kunden dafür sogar Rabatt gewährt, ist Patricia Hullah vom Aichacher Café dahoam.	Foto: Nayra Weber (Foto: Nayra Weber)
In immer mehr Cafés und Restaurants ist es möglich, dass Kunden für ihren Coffee-to-go eigene Mehrwegbecher befüllen lassen können. Eine Inhaberin, die umweltfreundlichen Kunden dafür sogar Rabatt gewährt, ist Patricia Hullah vom Aichacher Café dahoam. Foto: Nayra Weber (Foto: Nayra Weber)
In immer mehr Cafés und Restaurants ist es möglich, dass Kunden für ihren Coffee-to-go eigene Mehrwegbecher befüllen lassen können. Eine Inhaberin, die umweltfreundlichen Kunden dafür sogar Rabatt gewährt, ist Patricia Hullah vom Aichacher Café dahoam. Foto: Nayra Weber (Foto: Nayra Weber)
In immer mehr Cafés und Restaurants ist es möglich, dass Kunden für ihren Coffee-to-go eigene Mehrwegbecher befüllen lassen können. Eine Inhaberin, die umweltfreundlichen Kunden dafür sogar Rabatt gewährt, ist Patricia Hullah vom Aichacher Café dahoam. Foto: Nayra Weber (Foto: Nayra Weber)
In immer mehr Cafés und Restaurants ist es möglich, dass Kunden für ihren Coffee-to-go eigene Mehrwegbecher befüllen lassen können. Eine Inhaberin, die umweltfreundlichen Kunden dafür sogar Rabatt gewährt, ist Patricia Hullah vom Aichacher Café dahoam. Foto: Nayra Weber (Foto: Nayra Weber)

Rund 6,6 Milliarden Pappbecher verbrauchen die Deutschen jährlich, nur um ihren Kaffee unterwegs zu konsumieren können. Für die Herstellung der Wegwerfbecher müssen eine halbe Million Bäume gefällt werden, denn sie werden in der Regel aus Papierfasern aus Neumaterial hergestellt, Recyclingpapierfasern kommen so gut wie nicht zum Einsatz. Und nach rund zehn Minuten landen die Becher wieder im Müll. Umweltschützer schlagen Alarm, fordern ein Pfandsystem. Einige Gastronome halten mit hygienischen Problemen und der kaufmännischen Mehrarbeit dagegen. Und andere fordern die Kunden zur Eigeninitiative auf: Wer zum Beispiel im Aichacher Café dahoam sein Heißgetränk zum Mitnehmen in einen eigenen Mehrwegbecher füllen lässt, erhält zehn Prozent Rabatt.

Inhaberin Patricia Hullah achtet laut eigenen Angaben auch privat darauf, möglichst umweltfreundlich zu leben. Von Anfang an wollte sie diese Denkweise auch in ihrem Café in der Steubstraße einfließen lassen. „Geschäftsleute haben ohnehin oft schon ihre To-go-Tasse”, weiß sie. Zwar kommen die meisten ihrer Kunden zum Verweilen in das Café und nur rund zehn Coffee-to-go gehen wöchentlich über den Tresen. Doch das Argument, der Aufwand sei zu hoch, wenn der Kunde selbst einen Becher mitbringe, lässt die 46-Jährige nicht gelten. „Es muss umgefüllt werden, wenn die Becher größer als Latte-Gläser sind, weil sie dann nicht unter die Kaffeemaschine passen, aber das ist eine Sache von ein paar Minuten”, gibt sie zu verstehen.

Daher macht sie es ihren Kunden ebenfalls möglich, für Speisen zum Mitnehmen eigene Gefäße zu bringen. Aus hygienetechnischen Gründen dürfen die zwar nicht in die Küche, aber sie werden dann an der Ausgabe umgefüllt.

Von einem Pfandsystem für Becher hält Patricia Hullah nichts. „Als Gastronom geht man dann unter, weil die Kunden sich einfach keinen Coffee-to-go mehr bestellen”, prophezeit sie. Auch Bio-To-go-Becher könnten die Betreiber sich auf Dauer nicht leisten.

Jährlich kommen allein für die Pappbecher und die Plastikdeckel über 100 000 Tonnen CO2-Emissionen in Deutschland zusammen. Die Innenbeschichtung aus Polyethylen und die Deckel aus Polystyrol verbrauchen 22 000 Tonnen Rohöl. Hinzu kommen Plastiklöffel für unterwegs. Patricia Hullah fragt ihre Kunden schon beim Bestellen, ob sie nicht auf den Deckel und den Löffel verzichten wollen.

Bisher fordern nur wenige Kunden, sich ihr Getränk im mitgebrachten Mehrwegbecher ausschenken zu lassen, wie eine Umfrage unter den Aichacher Gastronomen bestätigt. Die meisten Inhaber würden darin aber keinerlei Problem sehen. „Wir fragen den Kunden, ob er den Plastikdeckel auf dem To-go-Becher braucht, und jeder zweite lässt ihn mittlerweile weg. Eigene Becher bringen aber so gut wie keine Gäste mit”, berichtet Markus Finkenzeller vom Central am Stadtplatz. Hier werden rund fünf Kaffee zum Mitnehmen täglich verkauft.

Dagegen boomt das Geschäft mit dem Essen-to-go, es geht rund 20 Mal täglich über den Tresen - in Kunststoffbehältern. „Es ist noch nie vorgekommen, dass ein Kunde seinen eigenen Behälter mitgebracht hat”, sagt Finkenzeller. „Das wäre aber auch für den Küchenablauf schwierig, zum Beispiel wenn das Mittagsgeschäft boomt und die Boxen den entsprechenden Kunden zugeordnet werden müssten. 95 Prozent dieser Essensbestellungen erfolgen ohnehin telefonisch.”

Ernst Haile, Vorsitzender der Kreisgruppe Aichach-Friedberg des Bund Naturschutz, ist sich sicher: „Weder der Verbraucher noch der Handel wird sich freiwillig umstellen. Das geht nur über Verordnungen.” Er plädiert daher für ein Pfandsystem. „Für jede Verpackung sollte es ein Mehrwegsystem geben”, führt er sogar aus.

Der „Erziehungsprozess” des Verbrauchers müsse im Geschäft einsetzen, indem man Verpackungen vermeidet oder sie zurücklässt. So eignen sich seiner Erfahrung nach aus hygienischen Gründen am ehesten Glasbehälter, um im Restaurant sein Essen mitzunehmen. Und was beim Einkauf im Supermarkt an Verpackungen gleich in die Recycling-Container vor Ort aussortiert wird, landet nicht irgendwann in der Natur, also am Straßenrand in Wassergräben oder Äckern. Haile ist aufgrund des Erziehungseffekts ein Befürworter der Wertstoffsammelstellen.

Wichtig für den umweltfreundlichen Verbraucher und Gastronom sei es zudem, regional und in Bio-Qualität einzukaufen, diese Nahrungsmittel werden häufiger unverpackt angeboten. Ernst Haile würde sich wünschen, dass die Menge und Art der Verpackung künftig als weiteres Kriterium für das Wittelsbacher-Land-Siegel herangezogen wird.

Kaum woanders wird mehr Coffee-to-go verkauft als in den Kaffeehäusern und Bäckereien. Bei Ihle etwa werden 70 Prozent der Speisen zum Mitnehmen gekauft, wie Sabine Bierlmaier, Assistentin der Geschäftsführung, auf Nachfrage erklärt. Das Unternehmen spricht sich aus „Gründen bezüglich Hygiene und der kaufmännischen Abwicklung” gegen ein Pfandsystem aus. Allerdings: „Nach intensiver Bearbeitung des Mehrwegbecher-Themas ist unser Haus zum Entschluss gekommen, ein eigenes System in den Markt einzuführen.” Ab Februar des kommenden Jahres soll ein Mehrwegbecher für die Kunden angeboten werden, bei dessen Befüllung zehn Cent Rabatt pro Heißgetränk abgezogen wird. Schon jetzt ist es möglich, eigene Becher und Behälter für Getränke und Speisen mitzubringen. In den Café-Filialen von McDonald`s gibt es seit November 2016 zehn Cent Rabatt für das Getränk im Mehrwegbecher, der mitgebracht oder vor Ort gekauft werden kann. „Weiterhin ist es Teil des McCafé-Konzepts, dem Gast seine Bestellung zum Verzehr vor Ort auf Porzellangeschirr zu servieren”, erklärt eine Pressesprecherin auf Rückfrage der AICHACHER ZEITUNG. Bis 2019 soll dies auch in den meisten McDonald's-Restaurants der Fall sein, ab 2020 will das Unternehmen nur noch recycelte Materialien oder aus zertifizierten Quellen einsetzen. „Für jede Verpackung sollte es ein Mehrwegsystem geben”


Von Nayra Weber
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