Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 22.07.2016 12:00

Der lange Weg aus der Gewalt

„Die Frauen glauben oft, die Kinder bekämen es nicht mit, wenn ihre Mutter geschlagen wird”, erklärt Ester Radaj von der Beratungsstelle „Via - Wege aus der Gewalt” bei einem von der Gleichstellungsbeauftragten Beate Oswald-Huber initiierten Runden Tisch mit allen Beteiligten, die in Behörden oder Beratungsstellen mit häuslicher Gewalt zu tun haben.

Die Gewaltbiografien der betroffenen Frauen sind zumeist lang. Oft können sie sich nicht selbst helfen, umso wichtiger ist es, dass die Hilfe von außen kommt. Die meisten Einsätze der Polizei gehen auf Anrufe von Nachbarn zurück. Hier setzt auch ein neues Konzept an: das aktive Zugehen auf Betroffene.

Dazu wurde ein Formblatt entworfen, das die Polizei bei ihren Einsätzen mit sich führt. Es ist eine Einverständniserklärung, die den Beamten erlaubt, die Kontaktdaten der misshandelten Frau an die Beratungsstelle Via weiterzugeben. Diese nimmt dann schnell mit dem Opfer Kontakt auf und fragt, ob Hilfe gebraucht und gewünscht wird. Dieses im vergangenen Jahr begonnene Vorgehen zeitigt Erfolg: Etwa 80 bis 85 Prozent aller Anrufe münden in einem Beratungsgespräch.

Der Weg aus der Gewalt, der mit großen Hürden wie Trennung oder Wohnungswechsel verbunden ist, benötigt vielfach mehrere Anläufe. Etwa ein Drittel aller Frauen, die ins Frauenhaus gezogen sind, geht wieder zurück zum Partner, berichtetet die Frauenhaus-Leiterin Birgit Gaile. Ihre Einrichtung ist in der Regel voll belegt, es gebe sogar eine Art Warteliste. Etwa drei bis vier zusätzliche Plätze wären vonnöten.

Sabine Rochel, die für das Polizeipräsidium Schwaben Opfer von häuslicher Gewalt, sexueller Nötigung und Stalking berät, spricht von einem leichten Anstieg der Fallzahlen in den vergangenen Jahren. Sie führt das allerdings darauf zurück, dass sich Frauen - auch dank vermehrter medialer Präsenz des Themas - eher trauen, sich gegen ihren Partner zu wehren. Eine Zunahme der Gewalt grundsätzlich sieht sie nicht.

Die Beratungsstelle „Via - Wege aus der Gewalt” ist telefonisch unter der Nummer 0821/6502670 erreichbar.


Von Carina Lautenbacher
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