Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 04.08.2015 12:00

Anklage wegen Vergewaltigung: Zweifel überwiegen

Sicher ist, dass die Beziehung zwischen den beiden Teenagern eigentlich schon seit ein paar Tagen beendet war und das Mädchen einen neuen Freund hatte, als es an einem Freitag Mitte Januar gegen 22 Uhr zu ihrem Ex in dessen Elternhaus ging. Die beiden sahen einen Film an, und dabei kam es zum Sex. Der Angeklagte, der am ersten Verhandlungstag geschwiegen hatte, sagte gestern aus.

Erst habe man gestritten, er habe ihr Vorwürfe gemacht, weil sie nach dem Ende der Beziehung mit ihm gleich wieder einen neuen Freund hatte. Ihr habe das leid getan, sie habe beteuert, ihn zurück haben zu wollen. Bereits in der ersten Werbepause habe man Zärtlichkeiten ausgetauscht, in der zweiten sei es zum Geschlechtsverkehr gekommen, den beide gewollt hätten. Anschließend habe man bis Samstagmittag geschlafen und nach dem Aufstehen wieder gestritten. Er habe die 16-Jährige dann nach Hause gefahren, sie habe die Autotür zugeknallt, woraufhin er ausgerastet sei: „Ich habe ihr mit einer Schelle gedroht, wenn sie das noch einmal macht. Das ist mir rausgerutscht und ich habe mich dafür bei ihr auch schon im Chat entschuldigt.” Tatsächlich ist im Handy-Nachrichten-Verlauf nie von einer Vergewaltigung die Rede, wohl aber von der angedrohten Ohrfeige im Zusammenhang mit der Autotür.

Das Mädchen hingegen schilderte den Verlauf des Abends anders: Demnach habe ihr der Ex-Freund mit einer Schelle gedroht, wenn sie nicht mit ihm schlafe. Mehrere Zeugenaussagen warfen kein positives Licht auf das junge Mädchen. Angeblich trinke und kiffe die Schülerin.

Nach eingehender Beratung verkündete Richter Dieter Gockel seine Entscheidung und die der Schöffen: Im Zweifel für den Angeklagten. Das Gericht wertete positiv, dass der Angeklagte gestern doch noch aussagte, nachdem er zunächst nur seinen Verteidiger hatte sprechen lassen. Sein Bericht von der fraglichen Nacht sei plausibel und frei von Widersprüchlichkeiten. Der Bundesgerichtshof verlange außerdem eine hinreichende Stärke der Gewalt, und davon könne bei der Drohung mit einer Schelle nicht die Rede sein.


Von Monika Grunert Glas
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