Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 07.03.2022 18:31

Großfamilie mitgebracht

Aus diesem Auffanglager   in einer Turnhalle haben die Helfer die ukrainische Familie mitgebracht. 	Fotos: Stephan Kreppold (Fotos: Stephan Kreppold)
Aus diesem Auffanglager in einer Turnhalle haben die Helfer die ukrainische Familie mitgebracht. Fotos: Stephan Kreppold (Fotos: Stephan Kreppold)
Aus diesem Auffanglager in einer Turnhalle haben die Helfer die ukrainische Familie mitgebracht. Fotos: Stephan Kreppold (Fotos: Stephan Kreppold)
Aus diesem Auffanglager in einer Turnhalle haben die Helfer die ukrainische Familie mitgebracht. Fotos: Stephan Kreppold (Fotos: Stephan Kreppold)
Aus diesem Auffanglager in einer Turnhalle haben die Helfer die ukrainische Familie mitgebracht. Fotos: Stephan Kreppold (Fotos: Stephan Kreppold)

Der Friedberger Martin Maron, Initiator des Hilfskonvois, und Stephan Kreppold aus Sielenbach erzählten von ihren Erlebnissen. Entgegen aller Befürchtungen verlief die Fahrt absolut reibungslos, sagte Stephan Kreppold: „Dank der vier Polen war alles top organisiert.”

Der Konvoi war am Freitagmittag aufgebrochen und um halb fünf am nächsten Morgen in Zamch, dem Zielort. Da die anvisierte Sammelstelle bereits voll war, mussten die polnischen Fahrer auf die Schnelle eine Alternative finden. Schon um halb sieben konnte an einem Lager der Caritas mit dem Ausladen begonnen werden. „Alleine in der kurzen Wartezeit, bis wir ausladen konnten, sahen wir zwei Lastwagen das Lager Richtung Ukraine verlassen”, erzählte der Sielenbacher.

Der Plan, mit Hilfsgütern an die Grenze zu fahren, war erst wenige Tage vorher entstanden. An seinem Geburtstag verfolgte Martin Maron gemeinsam mit seiner Frau und der Familie des Sohns die Nachrichten über die Not in der Ukraine. „Martin, tu was”, habe seine Frau zu ihm gesagt. Noch am selben Abend habe er seinen Chef Josef Lechner beim Friedberger Unternehmen EKK Anlagentechnik angerufen. „Ich habe gefragt, ob ich einen Sprinter für Freitag ausleihen könnte”, so der 51-jährige Friedberger. Sein Vorgesetzter war sofort einverstanden. Außerdem wurde die Idee vonseiten der Geschäftsleitung in der ganzen Firma geteilt und um Sachspenden gebeten. So erreichte die Idee Andreas Kreutmeier aus Sielenbach, der sie wiederum mit seinen Kollegen von der Feuerwehr Sielenbach teilte. Nun wurden zeitgleich sowohl in Friedberg als auch in Sielenbach Sachspenden für die Ukraine gesammelt. In Friedberg kamen unter der Leitung von Susanne Kever, Inhaberin der Friedberger Anlagentechnik-Firma, drei volle Garagen an Spenden zusammen. In Sielenbach füllten sich nach und nach Rathaus und Bauhofhalle.

Nach dem Abladen in Polen sah der Plan eine Übernachtung vor. „Allerdings waren wir überhaupt nicht müde, sondern eher aufgedreht”, meinte Kreppold. In der Sammelstelle sei man auf einen polnischen Geistlichen, Pater Robert Strus aus der Pfarrgemeinde Zamch, getroffen. Der begleitete den Trupp zu einem Auffanglager für Flüchtlinge in einer nahe gelegenen Turnhalle. Auf die Frage, ob es jemanden gebe, der mit nach Bayern fahren möchte, meldeten sich vier Frauen aus Kiew mit ihren sechs Kindern. Ihre Männer hatten sie zur Grenze begleitet, um dann wieder umzukehren. Auch Maron berichtete von herzergreifenden Szenen, von Männern, die zu ihren Müttern zum Abschied sagten: „Wir werden uns vielleicht nie wiedersehen”.

Die offensichtliche Not der Geflüchteten ging an den Männern aus dem Wittelsbacher Land nicht spurlos vorüber. „Ich hatte Gänsehaut”, sagte Martin Maron, wenn er „an die ganzen Kinder und Babys” denke, „die in der Sporthalle liegen”.

Nach einem Mittagessen, das von polnischen Gastgebern gespendet wurde, und einem Gespräch mit einem lokalen Journalisten, der ebenfalls über die Hilfsaktion aus Bayern berichtete, ging es für die acht Fahrzeuge wieder zurück auf die Autobahn.

Stephan Kreppold, der in einem der beiden Transporter mit den ukrainischen Flüchtlingen saß, berichtet von seinem Eindruck: Die Frauen und Kinder seien „angespannt, unsicher und mit starrem, fast apathischem Blick” gewesen. Die Verständigung im Fahrzeug sei sehr schwer gewesen. Der kleine Hund habe aber brav die kompletten 15 Stunden Fahrt auf dem Schoß der Mädchen ausgeharrt, „ohne einen Mucks”. Kreppold hatte den Eindruck, dass die Mädchen verängstigt waren. Daher habe man eine ukrainische Staatsbürgerin aus Sielenbach angerufen, die während der Fahrt am Telefon erklären konnte, wo die Reise hingeht. „Nach dem Telefonat merkte man, dass ihnen eine Last von der Seele gefallen ist. Sie tauten langsam auf und schienen erleichtert”, hat Stephan Kreppold beobachtet. Martin Maron versuchte die Familie mit Hot Dogs aufzuheitern, denn „die waren völlig fertig, auch psychisch”.

Währenddessen wurde in Sielenbach und Friedberg an einer Lösung für die Unterbringung gearbeitet. Mit vereinten Kräften kümmerten sich Sielenbachs Bürgermeister Heinz Geiling, der Kommandant der Sielenbacher Feuerwehr Bernhard Bichler und Susanne Kever von EKK Anlagentechnik gemeinsam mit Simone Losinger von der Asylstelle im Landratsamt darum, dass bei der Ankunft alles vorbereitet ist. Die Ukrainerinnen und ihre Kinder kamen in einer Jugendherberge in Bachern unter. In der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen 3 Uhr lagen sie endlich in frisch bezogenen Betten.

Für einen der Fahrer ging es direkt am Sonntag nach dem Ausschlafen wieder zurück: Martin Maron möchte noch mehr Hilfsgüter zu den Bedürftigen bringen. Eindrücke machen Fahrer emotional

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